Mittwoch, 18. Dezember 2013

Brainstorming

Da ich nun seit etwas mehr als drei Monaten in Indien meinen Alltag verbringe, möchte ich in diesem Blogeintrag näher auf das Leben hier eingehen, damit ihr euch ein detaillierteres Bild von Indien bzw. Delhi im Speziellen, schaffen könnt. 
Die Themenbereiche, über die ich nun schreiben möchte, kamen mir nach langem Grübeln, während einer (extrem) langen Metrofahrt in den Sinn. Aufgrund eines ergatterten Sitzplatzes in der Metro (konnte es selbst kaum glauben), war ich sogar in der Lage, mir ein paar Notizen zu machen.
Durch Gespräche mit anderen Freiwilligen oder ausländischen Studenten versuche ich in Bezug auf die meisten Themen möglichst objektiv zu bleiben. Bei bestimmten Themen, die mir sehr am Herzen liegen, schreibe ich jedoch meine eigene, subjektive Meinung. Für eventuelle Vergleiche mit der „anderen Seite“ schlage ich das 'National Portal of India' vor. Hier der Link: http://india.gov.in/.

Das erste Thema, worüber ich gerne sprechen würde ist folgendes: 


Müll/Smog:

Er liegt überall, teilweise zu meterhohen Bergen zusammengekehrt, ist ein Schlaraffenland für Bakterien und Krankheitserreger, zerstört die Ästhetik des Stadtbildes, ernährt die freilaufenden Hunde, Ziegen, Affen und Kühe, die davon auch nicht gesünder werden und er stinkt; bestialisch.


In einer Großstadt wie Delhi stellt Müll ein besonders großes Problem dar. Aber der Staat wäre ja kein Staat wenn er nicht Probleme zu lösen versuchen würde. Überall sind große Schilder mit der Aufschrift „Clean Delhi, Green Delhi“ angebracht. Super! Es geht voran. Danke für die Hilfe.
Das Problem dabei ist nur: wohin dann mit dem Müll? Mülleimer sucht man in Delhi nämlich vergeblich. Außer an bestimmten Bushaltestellen und innerhalb (!) der riesigen Einkaufszentren findet man hier weit und breit keinen Müllschlucker. „Die würden abgeschraubt werden, sobald man welche anbringen würde“, versuchte mir mal ein Computer-Engineerin-Student zu erklären. Okay, klingt logisch, dachte ich mir da.
Immerhin versuchen die Menschen, aufgefordert durch „Clean Delhi, Green Delhi“, den nächstgrößeren Müllhaufen zu finden, um ihren Müll dort zu entsorgen und nicht einfach sinnlos auf die Straße zu werfen, wo noch kein Müll ist – wer macht denn auch sowas...
Jetzt im Dezember wird das Müllproblem allerdings immer schlimmer, denn nun werden überall am Straßenrand kleine Lagerfeuer entfacht, zum Schutz vor der Eiseskälte. Dabei wird alles verbrannt, was man so an Müll finden kann. Unter diesem Aspekt hat Delhi eindeutig genügend „Feuerholz“ zu bieten, sodass Obdachlose, Bettler und Rikschafahrer, die meist nur ihre Rikscha als Zuhause haben, nicht erfrieren können.
Die Luft feiert das ganze allerdings nicht so doll. Der Smog gehört leider ebenso zu Dehli wie der Müll, und er ist allgegenwärtig. Besonders nachts kann man keine 30 Meter weit gucken, alles ist umhüllt von einer dicken, stinkenden Nebelwand, welche, in Verbindung mit den einzelnen Straßenlaternen und Blinklichter eine kafkaeske Grundstimmung hervorruft. Alles wirkt wie in einem schlechten Traum; im Dunkel hält man sich zu dieser Zeit deswegen nicht gerne draußen auf.
Man kann nur hoffen, dass bald gewisse (und ernsthaft gemeinte) Rettungsversuche unternommen werden, um die Luft Delhis zu verbessern. Sie ist sogar schlechter als Pekings Smogpartnerin, wie es 'Die Zeit' in einem empfehlenswerten Artikel zusammengefasst hat (http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2013-02/smog-delhi-indien). Dadurch habe ich auch erfahren, dass mehr als 25 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter als schädlich gelten, wenn man die verseuchte Luft mehr als 24 Stunden am Stück einatmet“ (Zeit Artikel; siehe Link). Delhis jährlicher Feinstaub liegt allerdings bei ca. 200 Mikrogramm pro Kubikmeter. Aus diesem Grund bin ich ernsthaft am Überlegen mir ein „Banditenhalstuch“ zuzulegen: Schützt vor dem gröbsten Feinstaub und sieht dazu auch noch saucool aus. Ansonsten würde ich nach diesem Jahr in Deutschland eine Lungentransplantation benötigen. Und das muss ja nicht sein.



                                            "Clean Delhi Green Delhi" ...
                                            Eine "aufgeräumte" Müllkippe
                                           Das ist kein Nebel, das ist Smog. 

Ein ganz anderes Thema über das ich gerne sprechen würde ist der Kleidungsstil:

Gedrängel und Gewusel jeden morgen auf dem Weg zur Arbeit - alles voller Menschen. Doch wie ziehen sich die Menschen in Delhi an? 
Für die Männer im "typischen" Stadtbild Delhis ist nur ein Kleidungsstück von existenzieller Wichtigkeit: das Hemd. Jeder, aber wirklich jeder Inder (außer beim Sport) trägt ein Hemd, egal welches Alter, welche gesellschaftliche Klasse oder welcher Beruf. Das Hemd darf nicht fehlen. Dazu, egal ob Winter oder Sommer, eine lange Hose (bei der jüngeren Generation möglichst slim-fit) mit Halbschuhen, Sandalen oder Flip Flops. Letztere werden sogar auch im Winter getragen, was zu Schal, Pullunder und Jacke teilweise komisch, wenn teilweise nicht richtig durchdacht wirkt.
Die Frauen sind diesbezüglich etwas kreativer. Zwar tragen viele von ihnen auch im Winter weiterhin FlipFlops/Sandalen, jedoch teilweise mit Socken, welche extra eine Einbuchtung neben dem großen Onkel haben, sodass man sie wunderbar auch in Flip Flops anziehen kann. Genial.
Ansonsten tragen die meisten Frauen einen Sari, ein 5meter langes, um den Körper geschlungenes Tuch mit wunderschönen Mustern und Farbkombinationen. Ist es kein Sari, so trägt die Frau eine Kurta, welche aus einer schlabbrigen Baumwollhose und einem verlängerten Hemd besteht, natürlich auch in allen möglichen, schönen Farben. Dies gilt als Alltagskleidung, da sie meist praktischer und bequemer als der Sari ist. Die Kurta wird generell auch von Männern getragen, hier in Delhi kommt dies jedoch eher selten vor. Viele Frauen tragen auch Jeans mit Top und (jetzt im Winter) Mantel, welches nicht als traditionelle sonder eher "westliche" Kleidung gilt.


            Egal ob Fahrradkurier, Saftverkäufer oder Mr. Superwichtig mit Aktentasche - das Hemd darf nicht fehlen! 
                                          Frauen in Kurtas mit ihren Kindern


Klima:

Es ist entweder zu heiß oder zu kalt, etwas dazwischen gibt es nicht. Im Sommer schläft man komplett ohne Decke aber mit ständiger Ventilatorenpenetration. Im Winter dagegen mit allen Decken, die man finden kann und, wer sich den Luxus leisten kann, mit einem Heater, der vor das Bett gestellt wird. Dieser Aufwand ist durch die schlechte Isolation der Häuser bedingt.
Das angenehmste Klima war während der Übergangszeit zwischen Sommer und Winter, Anfang November. Leider hielt dieser "Herbst" nur für ca. 5 Tage an. Schade. Bin mal gespannt, wie es während der Monsunzeit im Juni/Juli sein wird. Ich halte euch auf dem Laufenden.

Musik/Bollywood: 

"Party all night, party all night..." oder "Lungi dance, Lungi dance" sind nur einige vieler Bollywood Songs, die an jeder Ecke, in jedem Auto, auf jeder Hochzeit und in jedem Club gespielt werden. Im Prinzip sind alle dieser (Hindi-) Songs aus den unterschiedlichsten Bollywood Filmen, die, wie einige sicherlich wissen, in der Regel ein bisschen wie Musicals aufgebaut sind: Viel Tanz und Gesang zur Untermalung der Handlung.
Nichtsdestotrotz kennt jeder, aber wirklich jeder, jeden Song und jeden Artist, der den Song singt bzw. in dem Film mitspielt. Egal, ob im Slum oder in den großen Einkaufszentren - hier spielt überall die gleiche Musik. Es ist, das kann man sagen, ein wichtiges Fundament der Kultur. Man trifft häufig Menschen, die auf den Straßen ihren Lieblingssong vor sich hin singen und fragt man einen Rikschafahrer, ob er denn bitte seinen Lieblings Hindi-Song zum Besten geben könnte, so lässt er sich dies nicht zweimal sagen und trällert gleich los. Klingt erstaunlich gut! Gleiches gilt für das Tanzen. Man hat das Gefühl, dass die Babys hier erst das Tanzen lernen, bevor sie mit dem Laufen anfangen. Auch auf Hochzeiten oder Geburtstagen wird zu rhythmischen Trommelschlägen getanzt und gefeiert. Das alles lässt einen blass aussehen, wenn man denkt, wie in Deutschland auf Ü30 Partys oder auch auf einigen Hochzeiten das Tanzbein geschwungen wird (Stichwort Wiener Walzer...). Aber gut, ich möchte hier nun nicht unterschiedliche kulturelle Sitten und Gebräuche gegenüberstellen... Der Wiener Walzer hat bestimmt auch irgendwo positive Seiten.
Zusammenfassend ist es schön überall Beats und Rhythmen zu hören und Menschen auf den Straßen singen und (zu gegebenen Anlässen) tanzen zu sehen.
Übrigens hat man das Gefühl, dass viele der heutzutage angesagten Clubsongs aus Amerika (mindestens) 5 Jahre alten Hindisongs in Versmaß, Melodie und Beat erschreckend ähnlich sind. Aber das ist bestimmt nur Zufall.

Sonstiges:

Meine Lieblingskategorie. Hier schreibe ich alles rein, was mir so hier und da mal aufgefallen ist und nicht wirklich unter einen bestimmten Punkt unterzuordnen ist.
Männer lachen in der Regel nicht auf Fotos. Das ist einfach so. Wenn man(n) vor den unterschiedlichsten Dingen für ein Foto posiert, so versucht man so cool wie irgend möglich zu wirken. Ein Lächeln kommt da nur selten über die Lippen.
Wenn man sagt, dass man aus Deutschland kommt, so gibt es prinzipiell zwei unterschiedliche Antwortsätze, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf die Aussage folgen:
Entweder es kommt "Oh, it's such a nice Country!" oder "Ah, Adolf Hitler. Is he still in Power?". Leider wird der werte Herr hier als ein "well brained" Mann angesehen, der große Visionen und Ideen hatte, nur bei der Umsetzung wurde etwas gepfuscht. Wenn man dann versucht zu erklären, dass dieser Mann wohl einer der schlimmsten, brutalsten und bösesten Menschen der Geschichte war, so kriegt man nur einen verständnislosen Blick zugeworfen. Das Hakenkreuz, bzw. "Swastika" gehört übrigens auch zu dem typischen "Stadtbild". Es ist allerdings ein Hindusymbol und keineswegs mit "dem" Hakenkreuz von Hitler gleichzusetzen. Trotzdem wird einem mulmig zumute, wenn man Parteienflaggen mit Hakenkreuz durch die Stadt ziehen oder Tempelanlagen mit diesem Symbol verziert sieht.

                                         Hindutempel mit Swatika (Hakenkreuz)

Desweiteren soll man bei "Blockierung der Metrotüren" entweder 5000 Rupien (ca. 62 €) Strafe zahlen, oder 4 Jahre in den Knast. Oder aber beides. Man kann es sich da wohl aussuchen. Die Geldstrafe wählt bestimmt keiner.


So, das soll es erstmal gewesen sein mit meinem "Brainstorming". Ich melde mich nach Neujahr wieder, mit tollen Bildern von den Stränden Goas und den Backwaters in Kerala, versprochen.
Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Fortsetzung folgt,

Hab euch lieb,

Euer Jonas

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Ich lebe noch!

Liebe treue Blogleser,

zunächst einmal möchte ich ein ganz dickes "Entschuldigung" aussprechen, dass ich mich nun erst wieder melde. Es ist viel passiert innerhalb der nunmehr fast 4 Wochen (sorry!!), wobei das sicherlich nicht alle Bologneser interessiert hätte.

Hier zunächst mein Quartalsbericht, der die letzten 3 aufregenden Monaten bezüglich meiner Arbeit und dem WG-Leben in dem kulturell (teilweise) herausfordernden Land Indien resümiert. Es werden bald einige Blogeinträge über den ein oder anderen Wochenendtrip außerhalb Delhis folgen, versprochen!

Nur mal kurz die Welt retten


Mann, wie die Zeit vergeht! Die ersten drei Monate meines IJFD Dienstes in Neu Delhi, Indien sind bereits vorbei und es fühlt sich an, als ob ich hier bereits seit 2 Jahre leben würde.
Aber der Reihe nach...

Nachdem wir (Markus, Lisa, Jenny, Rebecca und meine Wenigkeit) problemlos mit dem Taxi vom Flughafen abgeholt und zu unseren jeweiligen Wohnungen gefahren wurden, bereiteten mir Lisa und Gitti einen herzlichen Empfang. Ich – noch immer vollkommen geplättet von all den Eindrücken, welche wie Hagelkörner während der Taxi-Fahrt zur Wohnung auf mich eingeschlagen waren – war völlig erschöpft von dem endlos langen Flug und versuchte mich bei angenehmen 36° erst einmal auszuruhen – vergeblich. Die schlechte Luft, der Smog, der Staub und die Hitze machten mir die ersten paar Tage dann doch mehr zu schaffen, als erwartet. Ohne die Fans wäre ich sicherlich an einem Hitzekollaps gestorben und mein Dienst wäre zu Ende gewesen, bevor er überhaupt angefangen hat. Glücklicher Weise ist das ja nochmal gut gegangen.

Am nächsten Tag ging es dann auch gleich los in das Projekt. Bei einer Affenhitze fuhren Lisa und ich etwa 20 Minuten von unserer Wohnung zum Prayas Head Office. Nachdem mir Lisa bereits erzählt hatte, dass sie sich, obwohl sie 2 Wochen vor mir angekommen war, noch nicht wirklich in das Projekt einleben konnte und, statt mit den Kindern im Unterricht, hauptsächlich im Office am Computer arbeiten würde, war mir schon leicht mulmig zu Mute, was mich da erwarten würde.
Es gab ein kurzes „Hallo“ beim Chef des Head Offices, der auf mich gestresst, aber auch sehr nett wirkte und mir nach dem üblichen Begrüßungssmaltalk („How are you? How was your flight? Where do you live? Welcome at Prayas“ ect. pp.) gleich eine Lehrerin zur Seite stellte, die mich im Anschluss durch das Head Office, was gleichzeitig auch ein Mädchenheim ist, herumführte.
Das Head Office/Mädchenheim machte auf mich einen guten Eindruck. Dass gewisse „Standards“ hier anders sein würden, war mir selbstverständlich vorher klar und so wirkte der beißende Geruch der Toiletten im gesamten Gebäude nicht allzu störend.
Nachmittags malten wir mit den Mädchen aus dem Heim ein paar Bilder und gingen für eine halbe Stunde raus in den „Garten“ des Projekts, um „Ente, Ente, Gans“ und andere intellektuell herausfordernde Spiele zu spielen. Gleich der erste Tag hat mich in meinem Vorhaben, nach dem Abitur mit Kindern in einem Entwicklungsland zu arbeiten, bestätigt. Es war zwar durchaus anstrengend, gerade weil man mit zwei Wörtern Hindi („Namaste“ und „Chay“) nicht gerade all zu viele Konversationen mit den Kindern führen konnte, hat aber auch sehr viel Spaß gemacht und ich freute mich schon auf die nächsten Tage, die sich jedoch als relativ ereignislos herausstellen sollten.
In den darauffolgenden Tagen saßen wir im Büro, in dem Lisa die letzte Zeit immer gearbeitet hatte und taten nichts. Gar nichts. Es gab uns niemand eine Aufgabe und niemand fühlte sich dafür zuständig uns eine zu geben.  Unsere Koordinatorin (zumindest auf dem Papier) befand sich irgendwo im Nirgendwo und es dauerte ca. 1 ½ Wochen bis ich sie dann zum ersten mal sehen durfte. Nach einer (sehr) kurzen Vorstellung überreichte sie mir einen Zettel, in dem ich kurze Sätze darüber schreiben sollte, was ich mir von dem Projekt erwarte und warum ich diesen Dienst angetreten bin usw. . Ich fragte mich gar nicht erst, ob meine englische Bewerbung denn überhaupt gelesen wurde und versuchte diese so gut es ging in meinem Kopf zu rezitieren und vervollständigte das Blatt. Dann sagte sie mir, ich würde im Boys Center in Jahangirpuri in Nord-Delhi arbeiten und versicherte Lisa und mir, dass sie uns so bald wie Möglich eine Führung zu den verschiedenen Centern von Prayas organisieren würde und verschwand von dem Moment an wieder spurlos - wie Batman.
Es vergingen die ersten 2 Wochen, in denen wir bis zum Mittagessen immer im Büro saßen und nichts - manchmal auch gar nichts - zu tun hatten und erst am Nachmittag mit den Mädchen, die dann aus dem Unterricht kamen, malen und spielen konnten – das wirklich Gute an jedem Tag. Man freute sich nur auf den Nachmittag, wenngleich es auch schwer war sich nach 4 Stunden nichts tun wieder dazu zu motivieren mit den Kindern zu spielen. Somit war der Vormittag quasi Geschichts- und Chemie- und der Nachmittag Englisch- und Sportunterricht – langweilig und einschläfernd vs. interessant, spaßig und ereignisreich.
Als wir dann endlich die unterschiedlichen Center besuchen konnten, war die zweite Lisa bereits im Projekt eingetroffen. Das Boys Center, wo ich eigentlich arbeiten sollte war ca. 1 ½ Stunden (plus insgesamt 1 Stunde Fuß- bzw. Bus/Rikshafahrt) mit der Metro von unserer Wohnung entfernt und nicht gerade ein Ort des Friedens und der Glückseligkeit. Ich habe sofort gemerkt, dass dies nicht der Platz sein sollte, an dem ich für ein Jahr arbeiten würde, auch wenn es mir mit den Jungs sicherlich sehr viel Spaß gemacht hätte, so habe ich alle Mädchen und auch die Menschen, die im Office mit uns zusammen „arbeiten“ nach dem ersten Monat bereits in mein Herz geschlossen und wollte da nun auch eigentlich nicht mehr weg. Des weiteren habe ich mir eine Beschäftigung für die langweiligen Vormittage gesucht: Englischunterricht für einen der fleißigen Arbeiter im Office. Es machte mir viel Spaß und es freute mich sehr zu sehen, dass er wissbegierig und dankbar für den „professionellen“ Unterricht war.

Die Arbeit im Office wurde jedoch immer nerviger, da wir auf einmal mehr als nur alle Hände voll zu tun hatten. Nicht, dass ich mich über Arbeit beschweren will, ich habe ja immer darum gebeten, dass wir mal etwas zu tun bekommen, aber jetzt kamen alle möglichen Büroangestellte an und beluden uns mit irgendwelchen Aufgaben, die wir doch bitte für sie machen sollten. Das war ja alles schön und gut, aber die Tatsache, dass besagte Büroangestellte dann früher nach Hause gingen und zum Teil gar nicht mehr erschienen und wir ihre Arbeit machten ging uns dann doch zu weit. So suchten wir Hilfe bei der Leiterin des Education Offices. Sie betätigte ein paar Anrufe und in den darauffolgenden Tagen besuchten wir zahlreiche sogenannte Community Centers, in denen wir letzten Endes arbeiten sollten.

Der Jetzige Stand ist so, dass wir, also Lisa, Lisa und ich, jeweils drei Tage in den Community Centers und 2 ½ Tage in dem Head Office als Lehrer für die Kinder arbeiten. So wie ich mir das die ganze Zeit vorgestellt hatte. Obwohl uns gesagt wurde, dass die Freiwilligen der letzten Jahre die Klassen wohl nicht „weitergebracht“ hätten und wir deshalb eher im Office arbeiten sollten (wo wir ja bekannter Weise wenig zu tun hatten), habe ich dennoch den Eindruck, dass wir sowohl die Lehrer im Head Office als auch die im Community Center durch unser Dasein mehr als nur unterstützten. Es gibt klare Arbeitsteilung: Ich bin für die English- und Mathe-, die Lehrerin im Community Center für Hindiaufgaben zuständig. Dieses Konzept geht prima auf und nun bin ich mit meiner Arbeit mehr als nur zufrieden.

Fazit: Es war zu Beginn sehr schwer seine Aufgabe zu finden, da keine Person sich für einen zuständig fühlte und es war besonders schwer einen Sinn hinter dem Nichtstun zu erkennen. Nach einiger Zeit jedoch merkt man, welche Personen einem wirklich helfen können und die Arbeit dort auch ernst nehmen. Nun bin ich sehr glücklich mit meiner Arbeit und freue mich immer wieder jeden Tag auf die Kiddies, die mich jeden Morgen zur Begrüßung umarmen – alle 30! Bei welchem „Job“ wird man denn schon so sehr geliebt?

In die WG habe ich mich auch sehr schnell einleben können. Ich wohne mit 4(!) Mädchen in einer Wohnung für 4 Personen, was bedeutet, dass ich mir im Wohnzimmer, abgetrennt durch einen selbstgebauten Vorhang, mein eigenes Zimmer einrichten musste – Privatsphäre ist so selten gegeben und manchmal wünsche ich mir einfach die Tür schließen zu können und ruhig in meinem eigenen Zimmer sein zu können, aber die Mädchen teilen ihr Zimmer ja in der Regel ebenfalls mit einer Person, von daher ist das schon okay. Glücklicher Weise gibt es innerhalb Delhis noch weitere Jungs, zu den ich hin und wieder „flüchten“ kann; denn wenngleich ich alle meine Mitbewohnerinnen wirklich lieb habe und wir uns alle super ergänzen, so brauche ich manchmal einfach doch Jungs um mich herum, für Gespräche oder teilweise auch, um mal andere Musik hören zu können.
Aber ich habe mich super eingelebt und wir sind zu einer guten Gemeinschaft zusammen gewachsen. Trotz der kleinen eben angesprochenen Probleme möchte ich hier eigentlich nicht mehr weg ziehen und bin froh, so liebe Mitbewohnerinnen um mich rum zu haben, die einen aufbauen und immer für einen da sind. Da hätte ich es durchaus schlimmer treffen können.

Des weiteren kann ich über meinen IJFD sagen, dass er mich in so vielen Bereichen weiter gebracht hat, die ich hier gar nicht alle aufzählen kann, weil es den Rahmen dieses Berichts durchaus sprengen würde. Nichtsdestotrotz empfinde ich Indien als ein unglaublich interessantes und kulturell ansprechendes Land, welches so viele Fragen aufwirft, die ich durch Gespräche mit Indern oder mit den anderen Freiwilligen zu erklären bzw. zu verstehen versuche, sei es die arrangierte Hochzeit, das Wirtschaftswachstum oder die Sackgasse namens Kultur, die Indien so prägt und definiert. Das alles lässt mich langsam die Globalisierung und all ihre Auswirkungen besser verstehen, da man im Prinzip einen vollkommen anderen Blickwinkel auf alles entwickelt hat und genau das macht diesen Freiwilligendienst aus und ich bin sehr dankbar hier sein zu dürfen und bin gespannt, was ich in meinem nächsten Quartalsbericht alles berichten werde.



Kuss und Schluss,


Euer Jonas 



Freitag, 1. November 2013

Was mache ich hier eigentlich?!

Liebe Blogliebhaber und Blogliebhaberinnen,

Allen, den noch nicht bewusst geworden ist, was genau meine Aufgabe hier in Indien ist oder was ich hier mache, widme ich den folgenden, wenn auch etwas verspäteten (jaja ich weiß) Blogeintrag:

Ich absolviere hier in Neu Delhi, der Hauptstadt Indiens, einen so genannten Internationalen Jugend Freiwilligen Dienst - kurz IJFD (http://www.internationaler-jugend-freiwilligendienst.de/ijfd/). Dieser ermöglicht mir die Arbeit mit Kindern aus Problemfamilien, Slums, mit Waisen- und Straßenkindern aus ganz Neu Delhi. Das wichtigste stellen allerdings die kulturellen Erfahrungen, die ich durch die Interaktion mit den Kindern und den Menschen hier im Allgemeinen sammle darf, dar. Sie sind auch einer der Hauptgründe warum ich mich für einen solchen Dienst im Ausland bzw. in einem "Entwicklungs-/Schwellenland" entschieden habe; ich wollte über den europäischen Tellerrand schauen und die Möglichkeit haben, komplett unterschiedlichen Traditionen, Verhaltensweisen und Kulturen gegenüber zu stehen und zu lernen, mit ihnen umzugehen bzw. sie besser zu verstehen. Nach den ersten knapp zwei Monaten kann ich nun sagen, dass sich mir diese Möglichkeit mehr als nur eröffnet hat und die hier gesammelten Erfahrungen - kulturell wie auch menschlich - mich auf meinem späteren Lebensweg nur unterstützen können.

Dass mir diese Möglichkeit geboten wurde, verdanke ich vor allem dem deutschen "Verein für internationalen und kulturellen Austausch e.V."(http://www.via-ev.org/) - kurz "VIA" und natürlich allen denjenigen Menschen, die mich in meinem Vorhaben unterstützt haben und mir zu Seite standen. Dankeschön Leute, ihr habt einen gut bei mir!

Da ich leider gerade physisch nicht anwesend bin, um Handschläge und Umarmungen zu verteilen, sende ich dafür einige Fotos von dem Community Center, wo ich Montag - Mittwochs nun immer arbeite.














Euer Jonas

Dienstag, 22. Oktober 2013

Lehrer sind ja auch nur Menschen.

Anlässlich des "Weltlehrertags" widme ich diesen etwas verspäteten Blogeintrag allen Lehrer auf der ganzen Welt, insbesondere all denjenigen, die mich unterrichtet haben.

Bei meiner Arbeit als Freiwilliger im Community Center (C.C.) habe ich erstmals seit meinem Abitur die Möglichkeit als Lehrer zu agieren, das Schulleben also von der "dunklen Seite der Macht" zu betrachten.
Im Folgenden werde ich eine Art Stundenplan zusammenstellen, die einen typischen (wenngleich es eigentlich gar keinen routinemäßigen 0815-Tag im C.C. gibt) Schultag darstellen sollen:


9:45 am:
Ich mache mich auf dem Weg in ein kleines Stadtviertel in Neu Delhi, vorbei an Müllbergen und Abwässern, Marktständen und Klamottenläden, Wasserausgaben und Bettlern und an hunderten hupenden Fahrzeugen aller Art, bis ich das kleine Community Center in einer engen Seitenstraße erreiche.

10:30 am:
Die Kinder beenden gerade ihre morgendliche Motivationshymne (sobald ich alles übersetzt habe, poste ich die Lyrics), zeigen ihre Fingernägel der Lehrerin und begrüßen mich mit einem fröhlichem "Good morning Johnny Ji!". Die diszipliniertesten 2 Minuten eines jeden Schultages.

10:32 am:
Ich nehme auf dem kleinen Plastikstuhl neben der Lehrerin "Sunita" Platz, angrenzend an den Schülern, welche direkt zu meinen Füßen auf dem Boden brav im Schneidersitzt sitzen.

10:33am:
Ein letzter Schluck aus meiner Wasserflasche und ich bin bereit für neue Aufgaben!

10:35 - 11:35 am:
Nun Wechsel ich mich mit Sunita ab, die Aufgaben der Schüler zu korrigieren. Hierbei sind Englisch, Mathe und Kunst (ja, wirklich!) mein Spezialgebiet, das überaus wichtige Hindi überlasse ich dann aber lieber doch der Sunita. Es kommen nun also die Schüler (3-14 Jahre jung) mit ihren Heftchen und legen mir hin, was sie eben oder zu Hause so erarbeitet haben. Dabei handelt es sich, je nach "Leistungsstand" entweder um einfache Rechenaufgabe wie 12+23 (untereinander geschrieben versteht sich), um das Aufschreiben des englischen Alphabetes und Obstnamen oder aber um sogar richtige kurze englische Sätze. Es macht wirklich Spaß ihnen die Aufgaben zu geben und sie korrigieren zu können. Meine "very-good-Smileys", die es für besonders schön ausgeführte oder einfach richtig geschriebene Aufgaben ins Heft gemalt gibt, erfreuen sich großer Beliebtheit.
Das Problem ist teilweise, dass die wenigsten wirklich vollständige Sätze hinbekommen, meist nur auswendig gelernte ( My name is... My fathers name is...) und vor allen Dingen, dass der Raum durch Poster vom großen 1x1, von Obst-und Tiernamen auf englisch und natürlich auch vom Alphabet geschmückt ist. Die meisten Aufgaben werden somit einfach nur abgeschrieben und der Lerneffekt ist nicht wirklich vorhanden. Wenn ich einer Schülerin/Schüler die Aufgabe geben, auf das Heft zu gucken und nicht "Elephant"vom "Animals Hindi-English"-Poster "abzumalen", dann gucke ich in große Kulleraugen und in verschämt kichernde Gesichter.
Dabei muss ich eins loswerden. Fasim, ist der intelligenteste Schüler und auch einer der ältesten. Sein englisches Vokabular ist bemerkenswert, wenngleich er auch grammatikalisch kaum einen Satz bilden kann, aber wir arbeiten daran. Dieser Fasim ist sich seiner Rolle als "Musterschüler" jedoch durchaus bewusst und spielt innerhalb der Klasse den Oberboss. Wenn er redet, haben die Krümel zu schweigen. Sein Heft kommt als erstes dran, egal wie viel andere vor ihm dran waren ... aber nicht bei mir, auch nicht wenn er mir immer Kekse von zu Hause mitbringt und mich betätschelt. Das zieht nicht, mein Lieber.
Also der Streber-Einschleim-Typ ist nicht nur bei Schülern absolut unbeliebt, sondern kommt bei mir zumindest auch bei der Lehrer Seite überhaupt nicht gut an. Nur für diejenigen, die noch nicht zu Schule gehen. Aber wenn man ihn fordert, dann setzt er sich ruhig hin und grübelt bis er auf die Lösung kommt. Ein wirklich intelligenter Junge, der es weit bringen könnte. Ich möchte ihm auf diesem Weg versuchen zu helfen, soweit es in meiner Möglichkeit liegt.
Sowieso gibt es die witzigsten Charaktere in diesem ca. 15qm großen Klassenraum. Zu jedem könnte ich eine eigene Geschichte erzählen, aber das würde diesen Blogeintrag sprengen.

11:36 am:
Die Schüler haben langsam keine Lust mehr zu sitzen und zu schreiben und werden hippelig. Diesen Moment nutzt die Sunita gerne mal aus, um ins Head Office zu gehen, weil sie dort etwas "erledigen muss". Ich werde dann also alleine gelassen. Aber kein Problem, versuchen wir es eben mit "Energizer", um die Kiddies ein bisschen von Papier und Stift abzulenken. Dafür werden teilweise drastische Maßnahmen ergriffen: Die Hits der frühen 2000er! Klassiker wie: "I like the Flowers", "Head and Shoulders, Knees and Toes" oder "Are you sleeping, brother John?" gehören dabei zu meinen absoluten Favoriten. Nachdem jeder Song 23 mal durchgesungen wurde setz ich mich zu den Schülern auf den Boden, wir bilden einen Kreis und machen Rhythmus-Spiele; ich gebe einen Beat vor, sie machen ihn nach. Klappt erstaunlich schlecht aber es macht ihnen Spaß und mir auch. Das ganze soll das Rhythmusgefühl und die Grobmotorik trainieren - um es mal aus pädagogischer Sicht zu betrachten.
Allerdings machen längst nicht alle Schüler mit. Die einen prügeln sich, die anderen auch. Ich, als autoritäre Lehrkraft muss da natürlich einschreiten. Da ich die Kinder, im Gegensatz zu meinen Kollegen, selbstverständlich nicht schlage, kann ich nur "Ruko!" (Aufhören!) schreien und die Störenfriede auseinander setzten. Dabei verhalten sie sich wie Kinder, die, sobald ich ihnen den Rücken zuwende, sofort wieder in ihre Ursprungsposition (prügelnd auf dem Boden) übergehen. Wirklich anstrengend das ganze, denn die Schüler, die im "Klatsch-Rhythmus-Kreis" etwas über Grobmotorik lernen wollten, fangen auch an sich gewalttätig zu unterhalten, sobald ich ihnen nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenke, da ich mit den Prügelknaben 2 Meter weiter beschäftigt bin. Das ganze bei 29° in einem kleinen Raum. Stress wird hier groß geschrieben.

11:50 am:
Siehe oben.

12 am:
12 Uhr Mittags. High Noon. Ab jetzt wird es wirklich stressig. Das Mittagessen vom Head Office wird offiziell um 1 geliefert (kommt meistens aber so gegen 1:45). Die letzte Stunde vorm Mittag ist wirklich immer der Horror. Alle laufen kreuz und quer durch den Klassenraum (zwei Schritte nach links, drei nach hinten) prügeln sich, kokeln mit "Wunderstreichhölzern" (haben vorne eine kleine Magnesiumspitze, funktionieren wie Wunderkerzen nur kürzer) oder malen in einer Ecke. Hierbei danke an meine Lieblingsschülerinnen! 4 Mädchen sitzen immer in ihrer Ecke und malen seelenruhig alles was ihn durch den Kopf geht oder was ich ihnen vorgebe zu malen. Ein großes Dankeschön an euch hierbei.
Nun versuche ich wie ein Workaholic alle Dinge gleichzeitig zu machen: die Bilder mit "Very-Good-Smileys" zu versehen, gleichzeitig Käsekästchen mit Assim zu spielen, während ich 3 feindliche Schlägertrupps voneinander fern halten muss und nebenbei noch dem Streber erklären muss warum 'Elephant' mit e und nicht mit a geschrieben wird (im Englischen gar nicht so einfach, da der Sound in 'Elephant' eher einem a als einem e entspricht.. da hat der Fasim schon recht.).

ca. 1:44 am:
Endlich! Das Essen ist da. Alle verlassen umgehend ihre aktuellen Positionen (auf dem Boden, unterm Tisch, auf meiner rechten Schulter, in der Malerecke oder auf meiner linken Schulter) und rennen zum Rikschafahrer um Reis und Dal (Linsenpampe) entgegenzunehmen. Dann endlich kehrt die mahlzeitliche Ruhe ein, wie man sie auch in Deutschland kennt. Ich, voller Erschöpfung, freue mich jedes mal über diesen Moment.
Dann verabschiede ich mich und gehe meistens noch in das Head Office, wo ich mit den Mädchen dann Karten spiele, male oder draußen "Ente-Ente-Gans" und Ball spiele. Im Vergleich zu den Begebenheiten im Community Center teilweise ein Erholungsurlaub.
Aber dennoch freue ich mich jedes mal, die Kinder täglich zum Lachen gebracht zu haben. Das motiviert mich täglich immer wieder in die "Höhle der Löwen" zu kommen.

Abschließend möchte ich - passend zum Thema dieses Blogeintrages - mich bei all meinen ehemaligen Lehrern bedanken, für Ihr Engagement, Ihre Geduld und Ihr Verständnis für alles. Besonders möchte ich mich bei denjenigen entschuldigen, denen ich eventuell besonders auf die Nerven gegangen bin. Damals konnte ich das noch nicht richtig einschätzen, also hier ein ganz dickes "Sorry!" an alle! Ich weiß nun, dass Sie es keinesfalls immer leicht haben. Also halten Sie durch!

Ihr Kollege aus Indien
(Euer Jonas)


Montag, 14. Oktober 2013

Rishikesh - mehr als nur ein Paradies.

Namaste alle miteinander!

Dieser Blogeintrag kommt leider eine gute Woche zu spät, aber unserer Internet hatte mal wieder keine Lust zu funktionieren und der Anbieter-Service-Dienst lässt sich gerne auch mal mehrere Tage Zeit. Dann haben wir damit gedroht, den Anbieter zu wechseln und zack, stand ein Typ mit einem nagelneuen WLAN-Router vor unserer Tür. Geht doch.

Also:

Nach einer sehr anstrengenden Woche ging es am Freitag endlich los: ein 2 tätiger Wochenendtrip nach Rishikesh.
Wir sind mit knapp 15 Leuten in einen Kleinbus eingestiegen, um über Nacht in die ca. 6 Stunden entfernten Stadt im indischen Bundesstaat Uttrakhand mit dem vielversprechenden Namen "Rishikesh" zu fahren.
Alle Insassen (mich eingeschlossen) waren überglücklich, die laute, staubige und stressige Megametropole Delhi auch mal verlassen zu können; und wenn auch nur für ein Wochenende.
Nach einer sehr holprigen oder vielmehr verdammt unbequemen Nacht im Bus erreichten wir so gegen 9 Uhr morgens unser Camp etwa 8 Kilometer von Rishikesh-City entfernt.
Als wir aus dem Bus ausstiegen begannen alle tief ein- und auszuatmen, so als hätten wir dies in Delhi verlernt gehabt. Die Luft war herrlich! Eine Mischung aus alpiner Bergluft, feuchtem Urwald, versetzt mit einer Prise Meer und charakterisiert durch den hohen O2 Anteil in der Luft (endlich mal mehr als 3%). Nachdem wir also voller Energie den Berg hinunter wanderten und wir schließlich unser Camp erreichten, blieb uns die Luft allerdings weg.

Also, zum besseren Verständnis müsst ihr euch folgendes vorstellen: Ihr steigt nachts um 3 in den Bus im stickigen Delhi ein, fahrt sechs Stunden auf relativ unbequemen Sitzen (es sei denn, man zählte zu den glücklichen, die sich hinten im Kofferraum auf die Matratzen legen konnten :P ), kommt dann schließlich morgens an, seid überwältigt von den Bergen, der Luft und dem rauschenden Ganges, wandert voller neuer Lebenslust den Berg hinunter und seht dann auch noch den magischsten, unglaublich schönsten Ort der Welt. Unser Camp "Dream Life". Okay, ich versuche die ganze Zeit nach einem Wort zu suchen, was diesen Ort am besten beschreiben würde, aber ich kann mich nicht zwischen atemberaubend, exorbitant geil, himmlisch, magisch, unglaublich super geil und oh-mein-gott-ich-will-hier-nie-mehr-weg-geil entscheiden. "Dream Life" trifft es da wohl schon ganz gut.

Die großzügigen Zelte DIREKT am Strand (damit meine ich nicht 10 Minuten Fußmarsch, oder mit Blick auf den Strand, sondern direkt darauf), einem Treffpunkt unter einem großen Sonnensegel, an dem es (auch noch unfassbar leckeres) Essen gab, einem Volleyballnetz (!) - und das alles direkt am Ganges. Ich konnte nicht mehr. Wir alle waren komplett geplättet von der unglaublichen Schönheit dieses Ortes.
Nach kurzem Innehalten war es ein Ding der Selbstverständlichkeit, sich erstmal fix die Badesachen anzuziehen und ein Bad im unglaublich erfrischendem (und sogar sauberen!) Ganges zu gönnen. Rishikesh liegt nicht allzu weit vom Himalaya entfernt, wo der Ganges entspringt, weshalb er hier (noch) so erstaunlich sauber ist. Nebenbei wurde noch Beach Soccer gespielt und sich gesonnt - alles in allem also ein (unerwartet) schöner Strandtag, direkt am Ganges.





Nachmittags ging sind wir dann zu einem Wasserfall in einem der Berge gewandert. Ich dachte, das Camp sei der schönste Ort der Welt, aber dieser Wasserfall hat noch mal ordentlich was rausgeholt. Es war ein verblüffend spiritueller Ort, an dem wir uns gleich (mal wieder) die Klamotten ausgezogen haben, um auch in diesem Wasserfall eine erfrischende Dusche nehmen zu können. Ihr seht, die morgendliche Dusche in Delhi ist nach einiger Zeit einfach langweilig geworden und frisches, eiskaltes,  klares Wasser musste einfach ausgenutzt werden, wo es nur ging.

Am Abend haben wir dann alle zusammen am Lagerfeuer gesessen und den Sternenhimmel bewundert - ein rundum absolut perfekter Tag.

Der darauf folgende Sonntag sollte ebenso gut werden... Um 8 Uhr morgens wurden wir sanft aus unseren Zelten geweckt, da wir um 9 schon einen Rafting-Termin hatten. Als die Uhr Punkt 11:30 anzeigte, fuhren wir also los zum Treffpunkt (ja, die indische Pünktlichkeit ist tatsächlich etwas unpünktlich). Mit 10 Leuten im Boot und einer kurzen Introduction von unserem Steuermann ("wenn ich sage rechts, dann paddelt die rechte Seite, wenn ich sage links, dann die linke. Stop heißt Stop. Alles klar? Los geht's!") ging es los, den Ganges hinuter, Richtung Rishikesh. Es war eine Mischung aus einer actionreichen Wildwasserfahrt (in der Stromschnelle "Rollercoaster" hätte es mich fast zerrissen..) und einer entpannten Kanufahrt zwischen Bergen und Tempelanlagen, die im Wald versteckt vom Ufer aus erspäht werden konnten.
An einer Stelle, an der sich ein Steinvorsprung etwa 4m über dem Ganges erschloss, wurde eine kurze Pause eingelegt. Hier trafen sich alle Rafting-Verrückten (und es waren viele Boote, die an diesem Tag unterwegs waren), um Chips, Cola und Chai zu konsumieren und um einmal von der Klippe in den Ganges zu springen (keine Angst Mama, der Spot war save... sind schon tausend Menschen da runter gesprungen und nie hat sich jemand was getan.. :P ). Das wollten wir uns natürlich nicht zweimal sagen lassen und ergriffen die Chance, aus 4m in Ganges zu jumpen, beim Schopfe.










Als wir dann in Rishikesh ankamen und uns umgezogen hatten, schlenderten wir durch die malerisch spirituelle Innenstadt der "internationalen Yoga-Hochburg". Eine Yoga-School und Meditation School nach der anderen kreuzte unseren Weg durch die Gassen. Statt in einer dieser Schulen halt zu machen, blieben wir jedoch erst an einer German Bakery stehen, wo ich meinen Gaumen mit einem dicken Salat und Brot (endlich mal Mischbrot! Mit Butter!! Und Knoblauch!!!!!), eine dicke Portion Pasta mit Pilzen und einem Latte Macchiato (alles zusammen für knapp 3€) erfreuen konnte.
Hier konnte man die interessantesten Leute kennen lernen. Ein amerikanischer Yoga Lehrer beispielsweise, der hoch oben alleine im Wald lebt, hier Yoga Unterricht gibt und für 5 Monate im Jahr durch die Welt reist und über die Lehre und den Sinn und Nutzen von Yoga an allen möglichen Hochschulen der Welt doziert, war mein Favorit. Er ist im März übrigens in Greifswald, falls das jemanden interessiert...




Gestärkt und spirituell aufgeladen ging es, während sich viele Hindus zu einem abendlichen Gebet an den Treppen des Ganges getroffen hatten, dann langsam Richtung "Heimat", in das staubige, stressige, dreckige, aber doch irgendwo auch liebenswürdige Neu-Delhi.


Oooooom,


Euer Jonas


Mittwoch, 2. Oktober 2013

Froher Gandhi Jayanti

Hallo Leute!

Heute, am 2. Oktober, wird Gandhis Geburtstag gefeiert, der "Gandhi Jayanti" - einer der größten Nationalfeiertage Indiens. 
Die Geschäfte haben zu, die Straßen sind erschreckend leer und selbst die meisten Kühe dösen zurückgezogen unter dem ein oder anderen Baum - eine herrliche Sonntagsstimmung! 
An solchen Feiertagen kommen die Familien üblicherweise zusammen, um gemeinsam zu kochen, oder ein Picknick im Park zu genießen. Eine schöne Stimmung! 

Wir - (fast) alle Via-Freiwilligen - haben den freien Tag genutzt, um mit zwei indischen Freunden einen Sikh Tempel zu besuchen. Es war ein sehr magischer, interessanter und spiritueller Ort, an dem man von den Sikhs herzlich empfangen wurde. Wir mussten unseren Kopf bedecken, Schuhe ausziehen und    unsere Füße waschen, um den Tempel betreten zu dürfen. Im Inneren saßen drei in weiß gekleidete Männer, die für das musikalische Ambiente sorgten: ein sehr spiritueller mix aus einer kleinen Trommel und einem schönen Gesang, dessen Text aber die Sikhs selber nicht verstehen können. 
Der "Altar" war aus purem Gold gestaltet und die Türen, die nach draußen führten waren aus Silber. Es war atemberaubend. Außerhalb des Tempels gab es noch einen riesigen "Pool" in dem sich das "heilige Wasser" befindet, welches einen von Sorgen, Nöten und Sünden befreit, wenn man sich darin wäscht. Die zahlreichen Fische, die sich darin tummelten ließen sich sogar streicheln teilweise, ganz zur Freude der vielen Kinder mit ihren Familien. 
Die Sikhs sind sehr friedliche Gläubige, welche alle einladen bei ihnen im Tempel zu essen und zu trinken. Man bekommt also Wasser und Speisen für lau, was aus einer sehr friedlichen und wie ich finde sehr schönen Grundidee heraus geht: Die Sikhs wollen einfach, dass die Menschen, unabhängig von Reichtum und Bildung, gemeinsam im Tempel auf dem Boden die Speisen zu sich nehmen, die die Sikhs für sie darbieten. Ohne gezwungener Maßen dem Sikhismus beizutreten, Geld zu geben oder ähnliches - was in manchen Religionen ja durchaus der Fall sein kann... Ich war also sehr begeistert von allem kann jedem nur empfehlen auch mal einen Sikh Tempel zu besuchen. 

Wer sonst noch interessiert am Sikhismus sein sollte, dem kann ich den Wikipedia Artikel empfehlen :P (schon gelesen, ist tatsächlich mal ein guter): http://de.wikipedia.org/wiki/Sikhismus

Es war also ein sehr beeindruckender Ort, an dem ich bestimmt das ein oder andere mal noch zurück kehren werde. Nun will ich auch unbedingt den großen "goldenen Tempel" in Amritzar besuchen, das wird bestimmt noch eine Nummer beeindruckender werden. 

Aber genug gequatscht.. Ich habe natürlich auch mal wieder meine Kamera mitgeschleppt, um euch das ganze auch visuell zu überliefern, was ich hier so gesehen habe :) 














Tüüdelü und noch einen schönen Gandhi Jayanti,


Euer Jonas 

Samstag, 28. September 2013

Bilder sagen manchmal mehr als Worte ...

Ich kam heute auf die brillante Idee, einfach mal meine Kamera mit zum Projekt zu nehmen und somit zu versuchen alles einzufangen, was ich an einem "normalen Arbeitstag" so alles sehe und erlebe. Teilweise habe ich auf dem Hinweg auch einfach aus dem Bus heraus fotografiert, was die teilweise leicht verwackelten Bilder erklären soll....

Also, ich höre an der Stelle erstmal auf zu schnacken... die meisten Bilder sagen eh mehr als Worte.














































Euer Jonas